Tag 12, 13, 14, 15, 16, 17 – ENDLICH DAAAA!!

Boah, sind wir im Rückstand! (mit dem Blog, beim Rennen sowieso 😅). Das ist der Beweis, dass Nachtfahrt nicht gleich Nachtfahrt ist und die letzten Tage eher sportlich waren. Mit Squalls kennen wir uns jetzt wirklich gut aus und Thomas musste einige Nächte während meiner Wache im Cockpit schlafen. Da war nix mit gemütlich einkuscheln und Sterne oder Netflix schauen. Die Windsteueranlage war zwar fast immer im Einsatz, je nach Bedingungen musste aber oft aktiv mitgesteuert werden und non-stop Windwinkel und Kurs kontrolliert werden (auch mit Patenthalsen haben wir so unsere Erfahrungen gemacht…dazu mehr bei der Statistik 📈 unten). Jetzt haben wir in unserer wahrscheinlich letzten Nacht (ole, ole🍾🍾🍾), nochmal ein Finale Furioso mit viel Wind, zu Spitzenzeiten sogar 2 Minuten mit über 30 Knoten Wind und Böen mit bis zu 40 Knoten, krasser Sch….! Fairerweise während Thomas Schicht. So haben wir nochmal richtig Speed gemacht und sollten am Nikolaustag gegen Mitternacht einlaufen.

Und ganz ehrlich, Zeit wirdˋs! Warum?

1. Weil es dann irgendwann mal reicht mit dem ganzen Wasser
2. Weil es, bei den Bedingungen der letzten 1,5 Wochen, sehr anstrengend ist (es steht und fällt alles mit den Bedingungen. Bei der ersten Etappe hatten wir ab Tag 3 pillepalle Wind und wenig Welle und haben dank Parasailor trotzdem noch passable 6 Knoten Geschwindigkeit gemacht. Da kann man dann schon fröhlich Pfannkuchen machen, im Cockpit Uno spielen und es fühlt sich wie Urlaub an (es dauert trotzdem alles doppelt so lange wie normal, aber Faktor zwei ist schon ziemlich gut) und zum einen jetzt alle Tätigkeiten unter Deck wie kochen, backen (!), spülen, Windeln wechseln bei 28 Grad und Welle viermal so lange dauern wie normal (ich hab um 15 Brote zu schmieren 45 Minuten gebraucht 😳, zum Thema French Toast und Eiglibber bei 4 Meter Welle könnte ich einen eigenen Blogeintrag schreiben…) Zum anderen sind die Wachen auch viel intensiver sind, da man mehr manuell steuern muss und man, wenn es richtig hackt, auch bei Freiwache schlecht/wenig schläft.
3. Weil, und das war mal wieder Glück im Unglück, gestern unser Wassermacher den Geist aufgegeben hat und wir nur noch einen kleinen Trinkwassertank für Händewaschen und Co. haben, der eben zur Neige gegangen ist (wir sind eine sehr reinliche Crew und haben uns fast täglich den Luxus einer schnellen Dusche gegönnt 😉. Bei den Temperaturen aber auch nötig). Trinkwasser haben wir zwar genug in Kanistern, wenn uns das vor einer Woche passiert wäre, wäre es trotzdem massiv anstrengend geworden.
4. Weil wirklich alles an Board klebt, der Müll anfängt zu stinken und der Ruf des Rumpunsch immer lauter in unseren Ohren hallt.
5. Weil mein Körper für die kommende 5 Jahre genug Adrenalin produziert hat


Diese unangenehmen Seiten des Trips beschreibe ich ganz bewusst, weil es sich mit dem Segeln ein bisschen so verhält wie mit dem Kinder kriegen: den anstrengenden, belastenden Part vergisst man ganz schnell sobald man angekommen ist und alles färbt sich rückblickend ein bisschen rosa/wird irgendwie weichgezeichnet. Und, weil es für euch vielleicht manchmal ein bisschen doof sein könnte im deutschen Corona Winter Fotos von unseren Füßen im Sand zu sehen, da hilft es zu wissen, dass jede Minute in der Hängematte hart erkämpft und wohl verdient ist. Thomas hat in den Monaten der Vorbereitungen übermenschliches geleistet und geplant, gekauft, konzipiert und montiert um ein Mittelmeerschiffchen in eine Blauwasseryacht zu verwandeln (das machen andere in 2-5Jahren) und wir haben oft gedacht, dass wir es nicht schaffen. Die eigentliche Überquerung hat der gesamten Crew viel abverlangt, aber wir haben uns sehr gut ergänzt und gegenseitig unterstützt. Die Kinder haben sich in ihrer Blase eingerichtet und hatten am wenigsten Schwierigkeiten. Sie freuen sich aber auch schon sehr aufs Ankommen. Vielleicht ist es 50 Meilen vor dem Ziel noch etwas früh für ein Resumee, wenn wir aber erstmal da sind, werden wir in den Pool hüpfen und mit den anderen Teilnehmern Kriegsgeschichten austauschen, sodass erstmal keine Zeit fürs Schreiben sein wird.

Damit das nicht zu subjektiv ist, kommt auch jedes Crewmitglied zu Wort 😉

Thomas:
Wie hat dir die Reise gefallen?
Insgesamt eine sehr interessante Erfahrung, die ich nicht missen möchte
Was hat dir am besten gefallen?
Die einsamen Nachtwachen ohne irgendein anderes Schiff in Sicht, die tollen Fische die an den Haken gingen und endlich auch mal von Oktober bis April ohne Socken
Was hat dir nicht gefallen?
Das ständige Maximalchaos unter Deck durch die Spielsachen der Jungs. Und ein bisschen weniger Bruch (letze Nacht ist der Carbon(!)Baum der Genua einfach zerbrochen) hätte es auch getan
Würdest du es wieder machen?
Ja, aber mit mehr Zeit für die Vorbereitung und einem Schiff das man noch besser kennt

Andrea:
Wie hat dir die Reise gefallen?
Meinen Kindheitstraum konnte ich schlussendlich mit der Realität abgleichen und ich fand es interessant, mich selbst in speziellen Situationen noch besser kennenzulernen. Einzelne Tage/ Nächte waren unerwartet hart und es war nicht einfach, immer ruhig und gelassen zu bleiben.
Was hat dir am besten gefallen?
Das flotte Segeln und die leckere/reichhaltige Verpflegung, die Temperaturen zum Ende der Reise, die eigene Kajüte (Quer zu liegen, um Schräglage und Wellenschlag auszugleichen war so besser möglich), die gegenseitige Rücksichtnahme und das Aufrechthalten von Freundlichkeit und Respekt unter den Erwachsenen.
Was hat dir nicht gefallen?
Das scheinbar unausgereifte System des Parasailors, die Abhängigkeit von elektronischen Geräten und der damit verbundenen Stromgewinnung über den Motor, Flaute, Sqalls, die Unstimmigkeiten unter den Kindern / wenn ich gemerkt habe, dass es ihnen nicht wohl ist und stellenweise auch der Schlafmangel.
Würdest du es wieder machen?
Weiß ich nicht, intuitiv gesehen eher nicht. Meinen „Traum“ habe ich ja nun realisiert und Erkenntnisse daraus gewonnen. Das genügt mir.

Ben:
Wie hat dir die Reise gefallen?
Nicht so gut.
Warum nicht? Weil man nicht so gut spielen/rennen kann
Was hat dir am besten gefallen?
Delphine, fliegende Fische
Was hat dir nicht gefallen?
Dass man nicht so gut spielen/rennen kann
Würdest du es wieder machen?

Moritz:
Wie hat dir die Reise gefallen?
Gut
Was hat dir am besten gefallen?
Die Delphine
Was hat dir nicht gefallen?
Boot
Würdest du es wieder machen?
Ja

Steffi
Wie hat dir die Reise gefallen?
Insgesamt war es eine sehr besondere Erfahrung, ich habe aber nicht erwartet, dass es so anstrengend wird (wobei ich im Vorfeld eh keine konkreten Vorstellungen hatte, was wirklich auf uns zukommt). Mein Fazit ist, dass Passagen mit Kindern gut funktionieren können, ich sehe aber das Limit bei einer Woche. Für diese Dauer hat man einen relativ validen Wetterbericht, man wäre im echten Notfall nah genug um mit einem Rettungshubschrauber erreicht werden zu können, der Wassertank reicht für gute 5 Tage und man müsste ohne Wassermacher nur 2 Tage improvisieren, die Dinge die nerven (Müll, Wäsche etc.) halten sich in dem Zeitraum ebenfalls noch in Grenzen.
Ich bin sehr stolz, dass wir das als Crew und Familie geschafft haben und die Jungs das so toll gemacht haben.
Was hat dir am besten gefallen?
Die ruhigen Momente im Cockpit, wie toll die Kinder miteinander spielen können (manchmal), zu sehen, wie schnell man mit neuen, anfänglich sehr unangenehmen Bedingungen zurecht kommt (bspw. Squalls)
Was hat dir nicht gefallen?
Die massive Abhängigkeit vom Material und der Technik und die Tatsache, dass schon richtig viel kaputt gehen und passieren kann. Wir hätten definitiv noch mehr vorbereiten und im Vorfeld testen sollen (ging leider aus Zeitgründen nicht). Was wir aber absolut richtig gemacht haben, war, immer auf Sicherheit zu setzen und keinerlei vermeidbare Risiken einzugehen (frühzeitig Reffen, Parasailor nur bei schwachem bis mäßigem Wind etc.)
Würdest du es wieder machen?
Mmhmm, einen Ozean in den nächsten 5 Jahren eher nicht. Passagen mit bis zu einer Woche schon.

Atlantiküberquerung in Zahlen:
Gefahrene Seemeilen: 3020!!! (860 Las Palmas – Kap Verden, 2160 Kap Verden – Grenada)
Dauer in Tagen: 24 (6 Tage Las Palmas – Kap Verden, 18 Tage Kap Verden – Grenada)
Maximale Windgeschwindigkeit: 40 kn
Maximale Bootsgeschwindigkeit: 10.3 kn
Maximale Welle: 5 m
Gefahrene Patenthalsen: 6
Squalls (die uns erwischt haben): ca. 12
Gebackene Brote: 7
Fliegende Fische an Deck: ca. 25 (einer hat es ins Bad geschafft und einer in die Obstschale)
Delphinbesuche: 7
Gefangene Fische: 1
Gewechselte Windeln: 120

Von admin

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